Nachdem ich den Film mit Reese Witherspoon in der Hauptrolle gesehen hatte, musste ich unbedingt noch das Buch lesen, auf welchem der Film basiert.
Cheryl Strayed bewanderte 1995 den Pacific Crest Trail – um sich selbst zu finden, um den Tod ihrer Mutter zu verarbeiten, um sich ihrer selbst besser bewusst zu werden, um den Schmerz loszuwerden…
Nicht zuletzt auch wegen dieser Suche trägt das Buch auch den Untertitel „Tausend Meilen durch die Wildnis zu mir selbst“.
Diese Wanderung schildert sie eindrucksvoll auf 445 Seiten.
Hat man den Film zuerst gesehen, hat man natürlich die Bilder des Films noch im Kopf: eine wandernde Cheryl mit dem Aussehen von Reese Witherspoon, die wunderschönen Landschaftsaufnahmen, die Schlüsselszenen und natürlich die zahlreichen Rückblicke.
„Die Bäume waren groß, aber ich war größer, denn ich stand auf einem steilen Berghang in Nordkalifornien. Vor wenigen Augenblicken hatte ich meine Wanderstiefel ausgezogen, und einer war in ebendiese Bäume gefallen, war zuerst in die Luft katapultiert worden, als mein großer Rucksack daraufkippte, dann über den Schotterpfad gerutscht und über den Rand geflogen. Mehrere Meter unter mir prallte er an einem Felsvorsprung ab, bevor er auf Nimmerwiedersehen zwischen den Baumkronen des Waldes darunter verschwand“
(S. 11)
Vom Erzählerischen folgt der Film den Handlungen des Buches – beginnend mit der Szene, als Cheryl ihre Wanderschuhe verliert! Für jemanden, der wandert natürlich kein schönes Erlebnis. Diejenigen, die den Film bereits gesehen haben, werden sich an die Szene erinnern und an den erschütterten Schrei, der daraufhin folgt. Dieser Schrei drückt praktisch alles aus, was Cheryl in diesem Moment ausmacht: die Wut, die Verzweiflung, der Schmerz – alles in einem Schrei!
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Eingeteilt ist dieses wunderbare Buch in fünf größere Abschnitte mit jeweiligen Unterkapiteln. Die Überschriften sind gut gewählt und zu Beginn eines jeden Abschnittes finden sich Zitate, die Cheryl auf dem Trail für ihre Mitwanderer hinterlassen hat.
Wir begleiten Cheryl Strayed durch ‚Die zehntausend Dinge‘ hinweg über ‚Spuren‘ und ‚Das Gebirge des Lichts‘. Wir sind ‚Ungebändigt‘ und erreichen schließlich ‚Eine Kiste voll Regen‘, bevor sie ihr Ziel erreicht – die Brücke der Götter.
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„Ich ging in die Hocke, packte den Rahmen fester und unternahm einen zweiten Versuch. Er rührte sich immer noch nicht. Keinen Zentimeter. Ich stemmte die Beine fest gegen den Boden, umschlang ihn mit beiden Armen und versuchte, ihn unter Aufbietung aller Muskel- und Willenskraft hochzuheben. Doch er wollte einfach nicht. Genauso gut hätte ich versuchen können, einen VW Käfer hochzuheben. Es sah so süß aus, absolut damit einverstanden, hochgehoben zu werden – und doch war es mir unmöglich.“
(S. 66)
Cheryl wird auf ihrem Weg noch weitere schwierige Situationen meistern müssen, bis sie sich selbst findet. Dabei begleitet wird sie von ihren Gedanken, von ihren Erinnerungen an vergangene Zeiten und von der Musik, die in ihrem Kopf hin- und herspielt.
Wenn man den Film gesehen hat, bevor man das Buch las, hat man definitiv einen Ohrwurm beim Lesen im Kopf: „El Condor Pasa“ von Simon & Garfunkel. (Dieses Lied höre ich übrigens auch gerade, während ich schreibe.)
Cheryl selbst kann sich auch der Schönheit ihrer wechselnden Umgebung nicht entziehen – und so hat man die schönsten Beschreibungen der Natur vor sich – und möchte am liebsten gleich selbst los laufen – sofern man dazu körperlich in der Lage ist…
„Mein Führer hatte Recht gehabt: Mein erster Blick auf den See war unglaublich. Ich stand auf dem 2160 Meter hoch gelegenen felsigen Kraterrand, 270 Meter über der Wasseroberfläche. Das gezackte Rund des Sees lag unter mir und erstrahlte in einem unbeschreiblich reinen Ultramarinblau, wie ich noch keines gesehen hatte. […] Ich konnte die Kraft des Sees spüren. […] Ich hatte noch 534 Kilometer bis zur Brücke der Götter zu wandern, aber irgendwie war mir, als wäre ich schon angekommen. Als hätte mir das blaue Wasser etwas zu sagen, um dessentwillen ich den weiten Weg hierher gekommen war.“
(S. 385 – 388)
Auf den letzten Seiten des Buches erfahren wir, was auch im Film gezeigt wurde – dass Cheryl Jahre später wieder an diese Stelle (die Brücke) zurückgekommen ist, dass sie doch noch die Liebe gefunden hat – und dass Cheryl ihr Leben so gut genug ist, wie es ist: wild.
„Dies alles wusste ich damals noch nicht, als ich am letzten Tag meiner Wanderung auf dieser weißen Bank saß. Aber ich wusste, dass ich es nicht zu wissen brauchte. Dass es genügte, darauf zu vertrauen, dass ich das Richtige getan hatte. Dass es genügte, seinen Sinn zu verstehen, ohne genau sagen zu können, worin er bestand […] Dass das mein Leben war – wie jedes Leben rätselhaft, unabänderlich und heilig. So nah, so präsent, so fest zu mir gehörig.
Und es, wie wild es auch sein mochte, so zu lassen.
(S. 440/441)
IM RAHMEN DIESES ARTIKELS MÖCHTE ICH EIN EXEMPLAR DES BUCHES VERLOSEN!
ICH BITTE DIE INTERESSIERTEN, MIR ÜBER DIE KOMMENTARFUNKTION ZU SCHREIBEN.
BITTE SCHREIBT MIR, OB IHR AUF EINE SOLCHE WANDERUNG GEHEN WÜRDET – UND WENN JA, WAS IHR DAVON ERWARTET!
DEN GEWINNER ERMITTELE ICH DANN PER ZUFALL!
VIELEN DANK UND VIEL ERFOLG 🙂
Ich finde solche Geschichten ja immer faszinierend – weniger wegen des Selbstfindungsprozesses, sondern vielmehr wegen der Rückkehr zu den Grundlagen, zur Natur, zum Wesentlichen. Wir haben so viel Komfort und Möglichkeiten um uns herum, aber allein in der Wildnis würde uns all das kaum weiterhelfen. Zu gerne würde ich auch einmal auf so eine Wanderung gehen oder mich wie Christopher McCandless mal einer Zeitlang der Zivilisation den Rücken kehren. Aber ich glaube, ich würde kläglich scheitern, sobald es bspw.um die Beschaffung von Nahrung geht. Und dann wäre da immer die Angst vor Bären, Wölfen etc. – ja, ich weiß, in der Regel meiden diese die Menschen, aber wenn so ein Tier doch mal vor einem stehen sollte, hilft einem dieser Gedanke wenig weiter 😉
Umso mehr bewundere ich daher jene, die so etwas meistern.
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Ich schließe mich Kathrin an in dem Punkt, dass mich besonders die Rückkehr zur Ursprünglichkeit reizen würde.
Ich merke im Alltag oft, dass ich mich nach Stille sehne, aber wenn sie dann da ist, dann fühlt es sich merkwürdig beängstigend an. Vielfach bewahrt einen die Nichtstille davor, mit sich selbst allein zu sein und Zwiegespräche führen zu müssen, vor denen man sonst eher davonläuft. Ich glaube, dass so eine Reise (ob nun in der Form oder einfach für längere Zeit aus seiner gewohnten Umgebung heraus) bewusst machen kann, was wirklich wichtig ist und was man vom Leben möchte.
Allerdings bedarf es schon großer Überwindung den Entschluss zu so etwas zu fassen um dann völlig allein einen Teil der Zivilisation hinter sich zu lassen und sich ins Unbekannte zu stürzen.
Ich kann also eigentlich nicht aus vollster Überzeugung sagen, dass ich so einen Trip natürlich machen würde, aber das Ergebnis oder das, was mit einem unterwegs im Inneren passiert, wirken schon ziemlich beeindruckend und lohnenswert.
(Für den Anfang ist es aber vielleicht schon ganz inspirierend über einen solchen Trip zu lesen 😉 )
Viele Grüße und ein schönes Lesewochenende!
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Ja, dem kann ich auch zustimmen – interessant wäre es auf jeden Fall, eine solche Reise zu unternehmen – und gut für die eigene Seele allemal. Ich selbst wüsste auch nicht zu 100% zu sagen, ob ich mir so etwas zutrauen würde. Zumindest nicht für eine so große Distanz. Ein kleineres Stück Wanderweg bestimmt, so eine Woche etwa, wäre schon eine gute Sache 🙂
Die Sache mit der Stille finde ich dabei am anziehendsten. Ich bin eigentlich gern mit mir allein und genieße ruhige Zeiten. Dafür bräuchte ich also keinen Wanderweg – eher so etwas wie meinen Aufenthalt in Wales letzten Sommer mit vielen Reisemöglichkeiten 🙂
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Oh ja, ich glaube, Großbritannien bietet zahlreiche Möglichkeiten zum Innehalten. Da wäre dann auch das Bärenvorkommen nicht ganz so gefährlich 😀
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