Marion Schreiner: „Vielleicht gab es keine Schuld“

Wie ihr vielleicht gelesen habt, war ich auf der diesjährigen Buchmesse auch bei der Lesung zu Marion Schreiners letztem Teil ihrer Trilogie um die Familie Gelton.

Hier könnt ihr ein Video von der Lesung sehen.

Nun habe ich das Buch innerhalb von 2,5 Tagen beendet und muss sagen: einfach fesselnd.

Sicherlich ist das Themengebiet, mit dem sich Marion Schreiner beschäftigt hat nicht unbedingt jedermanns Sache – aber faszinierend ist die Geschichte allemal.

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Es ist die Geschichte von Christopher. Christopher Gelton.

Sein Vater, Dane Gelton und seine Mutter, Sarah Gelton, sind beide nicht mehr am Leben.

Dane Gelton wurde von der Polizei erschossen, da der Psychopath bei einem Amoklauf mehrere Menschen umgebracht hatte. Sarah Gelton – ebenfalls psychisch krank – starb an einer Überdosis Medikamente.

Christopher landet in einem Heim für schwererziehbare Jungen und lernt dort den jungen Kinder- und Jugendpsychologen Bob Koman kennen, der sich mit seinem Fall beschäftigt.

Allerdings weiß Bob noch nicht, auf was er sich da eingelassen hat…

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Bob versucht dem Jungen, der in seinem bisherigen Leben nur Gefühlskälte und Missbrauch erlebt hat, Regeln zu geben und sein Leben in geordnete Bahnen zu lenken. Allerdings ist dies gar nicht so einfach, da er die psychopathische Ader seines Vaters geerbt zu haben scheint…

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Marion Schreiner taucht tief in die Psyche des Jungen ein und lässt im ersten Teil des Buches seine Lebensgeschichte durch seine eigenen Worte zum Leben erwachen. Wir als Leser bekommen mit, in was für einer verkorksten und lieblosen Welt Christopher aufgewachsen ist und welche Fehler schon in früher Kindheit begangen wurden.

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Man kommt nicht umhin, eine gewisse Portion Mitleid mit dem Jungen zu haben. Schließlich hat ihm nie irgendjemand irgendetwas erklärt und so zieht er seine eigenen Schlüsse und baut seine eigene Welt zusammen. So, dass alles was er tut, einen guten Hintergrund zu haben scheint – auch wenn es in einer schlimmen Tat endet.

Marion Schreiner schreibt nicht nur die Geschichte, sondern auch die medizinischen Hintergründe sehr fesselnd, so dass man kaum Gelegenheit hat, das Buch aus der Hand zu legen.

Christopher ist in seiner eigenen Auffassung von „Richtig“ und „Falsch“ so unerfahren und unerzogen, dass er keinen Bezug zur Realität herstellen kann und sich selbst in Gefahr bringt:

„Was brauchte ich jetzt noch Blut zum Malen!

Ich konnte es jetzt leer laufen lassen. […] Ich besah mir meine Handgelenke und dachte, dass es Zeit war, es zu tun.

Seit meinem Geheimbund (noch so eine Sache, die er in „guter Absicht“ getan hat) hatte ich immer ein Küchenmesser dabei.

Das nahm ich und beschloss, das letzte Mal so richtig zu ritzen.

Mir wurde tatsächlich ganz schwindelig. So eine Menge Blut aus einer Wunde von mir hatte ich noch nie gesehen.

Das war eine gute Sache, denn ich kam zu Bob.

Er sagte, ich sei schizophren psychotisch.

Ich glaube, das sind ganz viele Künstler. Dann muss es etwas Gutes sein.“ (S. 153/154)

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Allerdings wendet sich die Geschichte mit Beginn des zweiten Buchteils, der von Bob Koman erzählt wird.

Der junge Psychologe, der eigentlich nur gute Arbeit leisten will und dem Jungen helfend zur Seite stehen möchte, wird immer tiefer in dessen Geschichte verwickelt und merkt, dass Christopher ihn manipuliert.

Allerdings ist er sich nicht sicher, ob der Jugendliche sich dessen bewusst ist…

Doch die Zeit wird ihn davon überzeugen und nicht vor ihm Halt machen…

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Auf der Website von Marion Schreiner findet man  neben Informationen zu allen Teilen der Trilogie auch Leseproben im .pdf-Format und Auszüge aus Onlinelesungen.

Teil 1: Die Scheune; Leseprobe

Teil 2: Das blaue Haus, Leseprobe

Teil 3: Vielleicht gab es keine Schuld; Leseprobe

Auch über amazon können die Bücher bestellt werden.

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Die 1963 geborene Schriftstellerin, gelernte Erzieherin – die englischen Tee und die englische Sprache liebt – plant für Ende dieses Jahres eine weitere Veröffentlichung – seien wir also gespannt.

Marion Schreiner, eine mutige Person, die den Brustkrebs dank Notoperation und Chemotherapie überlebt hat, hat einen bemerkenswert starken Willen. Als Therapie gegen ihre Krankheit begann sie zu schreiben und schuf so den Charakter Dane Gelton.

Fernweh trieb sie und ihre Familie nach Kanada, wo sie längere Zeit lebten. Nachdem sie wieder nach Deutschland zurückkehren mussten, schreibt Marion Schreiner ihre Erfahrungen nieder.

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FAZIT:

„Vielleicht gab es keine Schuld“ ist ein Buch, in das jeder einmal hineingelesen haben sollte. Faszinierend. Fesselnd. Unglaublich.

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UPDATE 🙂

Auch Marion Schreiner gehört in die Riege der Autoren, die freundlicherweise auf Nachrichten antworten – und darauf bin ich auch ziemlich stolz:

Antwort Marion Schreiner