Alle Jahre wieder… Die Buchmesse in Leipzig

Es ist kaum zu glauben: schon wieder ist ein Jahr vorüber und die Buchmesse lockt tausende Menschen in die Messestadt. Da ich in Leipzig wohne, ist mein Anreiseweg glücklicherweise nicht sehr lang und das ist auch gut so, denn mein heutiger Messetag beginnt schon früh.

Dieses Jahr hab ich mir mehr Zeit für Lesungen genommen und dies auch ordentlich ausgekostet.

Hier mal mein Programm von heute:

10:30 Uhr ==> Lesung von Marion Schreiner „Vielleicht gab es keine Schuld“

Hier stellte die sympathische Autorin den dritten Teil ihrer Trilogie um die Familie Gelton vor. Der erste Teil („Die Scheune“) thematisierte den Vater, Dane Gelton. Dieser wurde als Kind missbraucht und avancierte zum psychopathischen Mörder. Im zweiten Teil („Das blaue Haus“) dreht sich alles um seinen Aufenthalt in einer Anstalt und die Geschichte seiner zukünftigen Frau, die er dort kennenlernt.

Teil 3 nun fokusiert den Sohn der beiden, Christopher. Als er geboren wird, hat er nicht wirklich viel von seinen Eltern: Vater tot, Mutter tablettensüchtig und später durch Suizid umgekommen.

Bereits im Kindergarten werden seine Eigenheiten sichtbar, die er bereits in diesen jungen Jahren angehäuft hat.

Unbedingt lesenswert!

Übrigens: Die Autorin ist auch auf Facebook vertreten und hier findet ihr ein Interview mit ihr.

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11:15 Uhr ging es dann weiter zum internationalen Forum und einer Lesung des amerikanischen Schriftstellers Alexander Chee. Er stellte sein neues, noch unveröffentlichtes Werk „The Queen of the Night“ vor.

Diese Lesung war auch sehr interessant, obwohl ein kleines Manko vorherrschte – zumindest meiner Ansicht nach.

Alexander Chee ist ein sympathischer Autor, der gut auf Interviewfragen reagiert und schön frei erzählen kann, wie er zu dem Thema gekommen ist (er suchte ein Abenteuer) und ob er die Hauptfigur gewählt hat (sie hat ihn gefunden).

Allerdings liest er ohne Punkt und Komma. Dies macht es dem Zuhörer schon etwas schwerer zuzuhören, obwohl die Geschichte, wie gesagt, sehr interessant klingt.

Aber mal sehen. Wenn sie veröffentlicht wird, werd ich nochmal einen Blick hineinwerfen und vielleicht überzeugt sie mich dann mehr.

Hier ein Interview mit ihm.

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Dann wurde es langsam Mittag und bei der nächsten Lesung/ Präsentation, „…und über uns kein Himmel“ traf ich mich mit Kathrin. Wir tauschten zunächst unsere medienpädagogischen Bücher und ich bekam von ihr leihweise „Breathe“ überlassen.

Diese Graphic Novel, die sich mit einem sehr ernsten Thema (Kinderheime und Misshandlungen in der Zeit von 1936-53)  beschäftigt ist auf jeden Fall lesenswert und verdient mehr als einen zweiten Blick.

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Etwas lustiger ging es dann ab 15:00 Uhr zu.

In „Cockney, Cookies, Camden Market“ schildert der Autor Frank Rüdiger lustige und teilweise skurile Geschehenisse während seiner Londonbesuche. Einige Episoden brachten auch das Publikum zum Lachen und der Autor wirkte ebenfalls sehr gelockert und sympathisch. Auch passiert ihm das, was vielen London-Liebhabern und Englischsprechenden ab und an passiert: sie fangen einen Satz auf Deutsch an und sprechen dann deutsche Worte mit einem englischen Touch aus – sehr schön und sympathisch.

Auf jeden Fall werd ich dieses Buch im Auge behalten.

Gute Erfahrungsberichte könnt ihr hier lesen.

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Meine letzte Lesung des Tages führte mich ab 17:30 Uhr in die Untiefen des Lebens ehemaliger DDR-„Offiziere“ – Menschen, die andere bespitzelten und auch dafür zu sorgen hatten, dass die Menschen in der DDR blieben und nicht auf „dumme Gedanken“ kamen. Nun fristen sie in „Waldfrieden“ ein mehr oder weniger erfülltes „Rentnerdasein“, nur gestört durch die Trauerrede bei der Beerdigung eines Mannes, dessen Geschichte später noch betrachtet wird. Sie fühlen sich durch die Rede angegriffen, wollen sich beschweren…

Dies ist alles erst der Auftakt zum weiteren Geschehen des Buches…

Dieser Autor mit Namen Michael Krügel kann sehr gut lesen und überzeugt auch durch unterschiedliche Stimmarbeit und seine Gestik.

Definitiv ein Lesetipp – wenn es denn erschienen ist 🙂

 

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Ich hoffe, euch hat mein Einblick in den Messetag gefallen und ich bin – wie immer – gespannt auf eure Kommentare 🙂

 

Diskussion mit Fachleuten und solchen, die es sein wollen…

Im Allgemeinen schreibe ich hier weniger über politische Sendungen und Diskussionen, allerdings habe ich gestern „Hart aber Fair“ in der ARD gesehen – und diesmal möchte ich meine Ansichten dazu mitteilen…

Das Thema der Sendung lautete: „Hitler als Witzfigur – worüber darf Deutschland lachen?“

Als Gäste geladen waren:

* Rudolf Dreßler (SPD) => ehemal. dt. Botschafter in Israel

* Hellmuth Karasek => Autor/ Journalist

* Oliver Pocher => Moderator, parodierte Hitler in seinem Programm auf der Bühne

* Erika Steinbach (CDU)

* Leo Fischer, Chef des Magazins Titanic

Wen die geführte Diskussion interessiert, hier die Website dazu und hier der Link zur ARD-Mediathek.

 

Bei einigen Gästen kann man definitiv geteilter Meinung sein – auch hinsichtlich der Meinung, die sie vertreten. Dennoch herrscht Meinungsfreiheit und unterschiedliche Positionen dürfen dargestellt werden.

Dennoch sind manche Ansichten etwas befremdlich. So meiner Meinung nach auch das Buch („Er ist wieder da„, Satire), über welches gesprochen wurde.

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Ich persönlich habe dieses Buch nicht gelesen und werde es auch nicht lesen.

Bei einer Parodie von Charlie Chaplin („Der große Diktator“) hat man lachen können. Man merkte deutlich, dass er diesen Charakter aufs Korn nimmt und sich über ihn lustig macht.

Allerdings hat er später auch gesagt: „Hätte ich etwas von den Schrecken in den deutschen Konzentrationslagern gewusst, ich hätte `Der große Diktator`nicht zu Stande bringen können, hätte mich über den mörderischen Wahnsinn der Nazis nicht lustig machen können.“

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Generell fand ich es erschreckend, als die Einspieler kamen und Jugendliche gezeigt wurden, die mit Begriffen wie „Dachau“ nichts anfangen können. Durch diese Sendung hat sich wieder einmal gezeigt, dass der Geschichtsunterricht in unseren Schulen nicht sehr ausgeprägt und gut durchgeführt sein kann, wenn auch jüngere Jugendliche nicht mehr wissen, dass Deutschland einmal geteilt war und auch die „Mitarbeiter“ Hitlers – wie Himmler, Göring, Goebbels oder Hess, nicht mehr gekannt werden. Schließlich hatte ja auch ein Propagandaminister wie Goebbels einen großen Anteil an der damaligen Situation.

Wenn ich an meinen damaligen Geschichtsunterricht denke, ist es für mich eigentlich keine große Überraschung, dass er heute nicht viel besser zu sein scheint. Jahreszahlen haben zu meiner Zeit (und soooo lange ist das nicht her) immer eine größere Rolle gespielt als der Gesamtzusammenhang. Man paukte – und behielt nicht viel von den Zusammenhängen im Kopf, da zu viel verlangt wurde – und heute ist es noch schlimmer!

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Wenn Menschen wie Oliver Pocher die Ansicht vertreten, dass sie ja nicht Schuld hätten, dass ihre Generation ja nichts dafür könne, was damals passierte, dann kann ich auch nur mit dem Kopf schütteln (obwohl ich vom Alter her dazugehöre).

Sicher, heute sind andere Zeiten als damals – aber Menschen, die so denken, sind auch diejenigen, die das Vergessen bestärken – und solche Taten dürfen nicht vergessen werden.

Natürlich gab es auch im Laufe der Geschichte immer wieder absolutistische Herrscher, die ihre Untertanen in Kriege schickten und sich nicht um sie und ihr Leben scherten, sondern nur ihrem eigenen Machtgewinn hinterherrannten. Aber Herrscher wie Heinrich VIII und ähnliche aus vergangenen Jahrhunderten sind eben (genau wie ihre Taten) auch schon Jahrhunderte tot und es wird anders auf ihre Hinterlassenschaften reagiert.

Und sicher gibt es auch heute Regierungen, die nicht unbedingt für das Wohl ihrer Landesbewohner arbeiten.

Aber man darf nicht vergessen, dass Hitler ein ganz besonderes Kaliber war – ein Mensch ohne Skrupel, der innerhalb kürzester Zeit eine schwächelnde Weimarer Republik „übernahm“ und dem sich keiner in den Weg stellte.

Der Themenabend mit dem Spielfilm „Nacht über Berlin“ und der anschließenden Doku sollte einen guten Einblick gewährt haben.

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Abschließend folgendes:

Wenn Satire oder Humor als solches erkennbar ist (wie z.B. bei Charlie Chaplin), dann finde ich es in angemessenen Dosen vertretbar.

Dieses Satirebuch mit Hitler in der jetzigen Zeit ist meiner Ansicht nach wenig vertretbar – da auch falsche Ansichten übermittelt werden können, die zwar nicht beabsichtigt waren, aber dennoch Schaden anrichten können!

Menschen, die mit Hitler-Konterfeis als Zeitschriften-Aufhänger Geld verdienen und nur auf Auflagenerhöhung spekulieren, denken eine Spur zu wenig über die Hintergründe nach.

Wenn die Heranwachsenden nicht angemessen für das Thema des Nationalsozialismus sensibilisiert werden (Filme/ Bücher/ Gespräche/ Exkursionen zu Konzentrationslagern etc.) dann kann auch nicht erwartet werden, dass diese Menschen aus der Vergangenheit lernen.

Nur Jahreszahlen lernen bringt am Ende nichts für das Gesamtbild.

Wir müssen unsere jüngere Gesellschaft sensibilisieren – sonst wiederholt sich Geschichte – und das ist auf keinen Fall wünschenswert!