~ Dracula – Die Wiederkehr ~

Eine Fortsetzung.

Der Zeitpunkt der Handlung: 25 Jahre nach den Geschehenissen aus Bram Stokers „Dracula“.

Eine Geschichte um Liebe, Hass, Wut, Familie und Vergeltung…

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Alles beginnt mit einem Brief. Einem Brief von Mina Harker an ihren Sohn Quincey – zu öffnen im Falle ihres plötzlichen oder unnatürlichen Todes:

 

“ Liebster Quincey,

mein geliebter Sohn – Dein ganzes Leben lang hast du vermutet, dass es zwischen uns Geheimnisse gibt. Ich fürchte, dass nun die Zeit gekommen ist, Dir die Wahrheit zu enthüllen. Sie Dir noch länger vorzuenthalten, würde bedeuten, Dein Leben und Deine unsterbliche Seele zu gefährden.

…..“

(S. 5)

Quincey Harker hat seinen Namen nicht ohne Grund, benannt wurde er in Erinnerung an einen tapferen Mann, den die Leser des originalen „Dracula“ kennen.

***

Der junge Quincey Harker hat nicht die Laufbahn eingeschlagen, die sein Vater Jonathan für ihn vorgesehen hatte. Dem Vater wäre es am liebsten gewesen, hätte sein Sohn seine beruflichen Wurzeln ebenfalls im Bereich der Rechtsanwaltstätigkeit gefunden, doch Quincey hat andere Pläne für sein Leben.

Er träumt davon, Schauspieler zu werden – und so lernen wir diese Figur des Romans auch bei der Aufführung eines Stückes kennen, dass er allein aufführt.

„Quincey Harker, der seinem Publikum den Rücken zugewandt hatte, verspürte angesichts seiner Genialität Stolz in sich aufwallen. Mit einem schnellen Lächeln streifte er seine Melone ab, klebte sich einen falschen Spitzbart an, setzte sich einen Spitzhut auf die Stirn, warf sich einen Umgang um die Schultern und sprang mit einer fließenden Bewegung, die er oft genug geübt hatte, auf den Rand des Medici-Brunnens. […]

Was er da trieb, wurde „Chapeaugraphie“ genannt – mit jedem Hutwechsel verwandelte sich die Gestalt auf der Bühne wie von Zauberhand in eine andere.“ (S. 32/33)

Wie in einem Buch mit dem Titel „Dracula“ zu erwarten, gibt es auch in „Dracula – Die Wiederkehr“ zeitiges und häufiges Blutvergießen.

„“Richtet mein Bad!“ befahl die Gräfin.

Die Frauen in Weiß zerrten das Mädchen eine Metallschiene an der Decke entlang und beförderten es so in ein anderes Zimmer. Die Báthory drehte sich um und folgte ihnen. […] Die junge Frau, deren Kehle sich ein mitleiderregendes Röcheln entrang, baumelte über dem Rand der leeren Wanne. […] Im selben Moment schlitzte die dunkelhaarige Frau in Weiss mit dem Fingernagel dem Mädchen die Kehle auf und schob es das letzte Stück weiter, so dass es nun direkt über der Gräfin hing. Die spitzen Zähne der Báthory blitzten auf, als sie den Mund öffnete und bebend in dem Blutregen badete.““ (S. 28/29)

Auch der Nachfahre von Bram Stoker, der Autor des Buches – Dacre Stoker, bedient sich der Legende um Elisabeth Báthory.

Und schon haben wir wieder eine Verbindung zum ursprünglichen Roman. Dr. Jack Seward, der damals ebenfalls in Lucy Westenra verliebt war, hat die Vampirin ausfindig gemacht und will sie im Alleingang bekämpfen. Dass dies keine gute Idee ist, beweisst sein baldiger Tod und die Tatsache, dass die Báthory sich nun ihrer Verfolger bewusst ist und ihren Racheplan voran treibt.

In „Dracula – Die Wiederkehr“ laufen verschiedene Geschichten parallel zueinander, die alle auf das Finale zulaufen.

Wir haben Mina und Jonathan, verheiratet, aber unglücklich – und in Sorge um ihren Sohn.

Dann haben wir Quincey, den Jungspund, der seine Profession in der Schauspielerei sieht und sich den rumänischen Schauspieler Basarab zum Vorbild nimmt.

Wir haben die Polizeibeamten von London, die den in der Vergangenheit geschehenen blutigen Morden auf die Spur kommen wollen.

Die anderen Mitstreiter aus dem ursprünglichen Roman: Van Helsing, Arthur Holmwood. Beide sind älter geworden und wollen sich – im Fall von Holmwood – nicht mehr an die Geschehenisse rund um Dracula erinnern.

Alle aus der ursprünglichen Gruppe um die Jäger des Vampirs haben einen negativen Lebenswandel beschritten, sei es durch Alkohol, andere Drogen, das Vergessen oder den Schmerz der Erinnerungen. Einige haben ihr Leben schon beendet, andere werden es noch tun – auf die ein oder andere Weise…

***

Der erste „Auftritt“ Draculas geschieht als Bühnenstück.

„Graf Dracula trug ein Jackett mit abgewetzten Ärmeln und einen schwarzen Umgang. Nichtsdestotrotz gab er eine imposante Figur ab, und wie er da in dem staubigen englischen Salon stand, wirkte er ausgesprochen Furcht einflößend.“ (S. 115)

 

Während der ganzen Ereignisse und Beschreibungen rund um Quincey, die Morde und die Ermittlungen der Londoner Polizei erfahren wir auch, dass Mina von ihrer Vergangenheit heimgesucht wird und sie Gedanken und Visionen von damals übermannen.

***

Später werden wir Zeuge davon, dass Mina und Dracula mehr verband, als nur der Hass …

„Mina schlug das Herz bis zum Hals. Diese Hände kannte sie. Sie hatte zugeschaut, wie sie getötet hatten, blutüberströmt. Und sie war von ihnen liebkost worden. Der Mann erhob sich ganz langsam, und als er sich zu seiner ganzen Größe aufgerichtet hatte, wallte grenzenlose Sehnsucht in Mina empor. Sie war nicht mehr allein. Ihr Prinz war zu ihr gekommen, als sie seiner am nötigsten bedurfte.“ (S. 453)

Und wir erkennen, dass Basarab mehr ist, als er zu sein scheint…

Wir werden als Leser Zeuge von Van Helsings dunkler Seite – und von der Grausamkeit, mit der der gemeinsame Feind der Charaktere handelt.

„Die Báthory hatte sich schon immer für die Königin der Vampire gehalten. Und jetzt würde sie dem König den Garaus machen! Hatte sie Dracula erst einmal aus dem Weg geräumt, konnte sie nichts und niemand mehr aufhalten.“ (S. 455)

 

„Dracula – Die Wiederkehr“ hält noch weitere gute Szenen bereit, die sich um alle Charaktere drehen und jedem die Chance lassen, einen großen Auftritt zu haben.

Das Buch liest sich rasant und das Kopfkino macht Purzelbäume vor oppulenten Bildern, die nahtlos beim Lesen entstehen.

Abwechselnd werden wir in die jeweilige Teilgeschichte hineingezogen – und obwohl die Geschichten um den Inspektor erst ein wenig langatmig erscheinen, passen sie doch ins Gesamtbild gut hinein.

Und für diejenigen, die „Dracula – Untold“ im Kino ansehen wollen, gibt es ein schönes Zitat, was ebenfalls in diesem Buch zu finden ist:

„Dracula war ein Vampir, und doch war er in seinen Augen ein Mensch geblieben. Er war über fünfhundert Jahre alt, und er hatte noch immer nicht gelernt, sein wahres Erbe anzunehmen, ohne Schuldgefühle zu verspüren.“ (S. 493)

 

In „Dracula – Die Wiederkehr“ lernen wir einen Vampirkönig kennen, der zu lieben fähig ist, der die beschützen will, die ihm am Herzen liegen.

Was Dracula gegen Ende allerdings von Mina verlangt ist für sie zu viel – oder?

Und: Wer ist der geheimnisvolle Dr. Fielding, dem wir am Ende begegnen?

 

„Dracula – Die Wiederkehr“ bietet rasante Unterhaltung, ohne langweilig zu werden oder in alte Muster zu verfallen.

Am Ende gibt es Nachbemerkungen der Autoren zum Werk sowie ein ausführliches Nachwort.

Hat man dieses Buch gelesen, hofft man irgendwie auf eine Fortsetzung…

~ Lutetia Stubbs: interessant, leicht irre und irgendwie faszinierend ~

Wie ich bereits in einem früheren Artikel erwähnte, finde ich Twitter als Kommunikationsmittel mit seinem 140-Zeichen-Limit gar nicht so schlecht.

Ich stolpere fast täglich über neue Entdeckungen und Autoren, dass ich viel viel mehr Zeit bräuchte, um wenigstens bei jedem von ihnen einmal in ein Werk hineinzuschnuppern.

Aber ich versuche zumindest, mich zu bemühen – und nun hat sich ein E-Book des Leipziger Autors Matthias Czarnetzki auf meinem Trekstor-Gerät eingenistet und wartet geduldig auf Nachfolgeliteratur seines Erzeugers.

„Lutetia Stubbs: Herz aus Stein“ – so lautet der Titel des mehr als 200-Seiten langen Werkes. Es ist übrigens das zweite in der Reihe um die faszinierende Hauptfigur Lutetia Stubbs.

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Normalerweise fängt man ja Serien meistens von vorn an, aber ich wollte an dieser Stelle einfach mal testen, ob man sich auch gut in eine Geschichte und dessen Charaktere hineintasten und -fühlen kann, wenn man den Anfang der Geschichte nicht kennt.

Es war ein wenig kompliziert und manchmal auch verwirrend, aber nach einer Weile ist es mir gelungen, die Charaktere zu identifizieren, auseinanderzuhalten und liebzugewinnen.

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Einblick 1

Die Ereignisse aus diesem zweiten Buch spielen rund ein halbes Jahr nach den Geschehnissen des ersten Buches mit dem schönen Untertitel: „Kellerleichen – und wie man sie nicht entsorgt“.

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Kellerleichen…

Lutetia, ihr Mann George und ihr Zwillingsbruder Marx wohnen schon eine Weile auf der Burg in Borough – und schon gibt es wieder Leichen.

Allerdings sind diese nicht immer ganz vollständig – und bei/ in einigen finden sich auch Dinge, die nicht in eine normale Leiche gehören. George muss es wissen, ist er doch der örtliche Leichenbestatter…

In einer Leiche findet sich ein Herz aus Basalt und wirft Fragen auf: wieso hatte der (sowieso nicht beliebte Verstorbene) sein „normales“ Herz nicht mehr, wo war das Herz, woher kam das Herz aus Stein – und wem hatte es ursprünglich mal gehört…

Doch nicht nur Lutetia muss sich mit Leichenproblemen herumärgern, auch die diversen Nebencharaktere sorgen für rasante Action und lassen es nicht langweilig werden.

Da hätten wir zunächst Lutetias Vater Harold. Nebst seiner Haushälterin Brenda – die eigentlich gern mehr wäre, aber erstmal dafür sorgen muss, dass ihr Arbeitgeber und sie nach einem Casinobesuch in Las Vegas am Leben bleiben.

Dann gibt es in Borough einen Arzt namens Ruteledge, der auch so seine Geheimnisse hat und nicht wirklich gut auf Lutetia zu sprechen ist.

Diverse Mafiosi, russische Gangster und eine plötzlich aufgetauchte Touristin (die gar keine ist) komplettieren den rasanten Reigen um die Ereignisse, die sich in diesem Buch abspielen und den Leser an die Schrift fesseln.

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Das ist erst der Anfang…

Nebenher muss sich Lutetia ihres Bruders erwehren (dessen Geldgier und kleinere Drohungen den Verstand ein wenig vernebelt haben) und dafür sorgen, dass die Burg auch ihr Zuhause bleibt!

„Wer war das?“

„Jemand, der behauptet, dass ihm die Burg gehört. Er will, dass wir in vierundzwanzig Stunden verschwunden sind.“ Lutetia blätterte durch die Papiere, die ihr der Anwalt gegeben hatte. […]

„Warum erschießen wir ihn nicht einfach?“

„Wischst du die Schweinerei dann weg?“

„Nein.“

„Deshalb.“

(S. 67 Ebook-Ausgabe)

 

Lutetia Stubbs ist die Art von Person, mit der man sich nicht anlegen sollte. Zumindest nicht, wenn man vorhat, etwas länger zu leben.

„Was mich in diesem Zusammenhang interessiert: sind Sie eine gewalttätige Psychopathin?“

„Dann wäre mein Leben einfacher.“

(S. 77 Ebook-Ausgabe)

 

Und: potentielle Killer sollten sich lieber zweimal überlegen, ob sie sich mit Lutetia und ihrer Familie anlegen:

„Hat er überlebt? George überlegte einen Moment und schüttelte dann den Kopf.

„Es sind fünfundsiebzig Meter freier Fall und die Grube ist fünfundzwanzig Meter tief. Falls er lebend unten ankam, ist er untergegangen.“

„Du sagst das mit einem Bedauern in der Stimme.“

„Ja. Wir haben jetzt eine Leiche im Keller.“

„Das hatten wir schon immer.“

„Aber für die sind wir verantwortlich.“

„Solange es nicht meine eigene Leiche ist, kann ich damit leben.“

(S. 112, Ebook-Ausgabe)

 

„Lutetia Stubbs: Herz aus Stein“  ist definitiv lesenswert.

Die Geschichte ist rasant, voll von skurrilen Charakteren – und der häufig wechselnde Handlungsort hält den Leser und seine Konzentrationsfähigkeit auf Trab und sorgt für gelungene Abwechslung.

Wer Lust bekommen hat, kann hier in den dritten Band hineinlesen und ein vierter ist für dieses Jahr geplant.

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Auf jeden Fall sollte man sich mit dem Autor und Erschaffer von Lutetia befassen.

Matthias Czarnetzki hat nicht den typischen „Ich-werde-Autor“-Karriereweg eingeschlagen, sondern kam auf Umwegen zur Schreiberei. Das heisst, geschrieben hat er schon immer.

Allerdings hat er zunächst als Banker gearbeitet, war dann als Journalist tätig und hat Informatik studiert.

Neben seiner schriftstellerischen Arbeit programmiert er Software und ist auch sonst ein vielbeschäftigter Ehemann und Vater.

Interviews mit vielen Einblicken in das Leben des Autors gibt es hier, hier und hier.

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Ich wünsche euch – wenn ihr Lutetia eine Chance geben wollt – eine vergnügliche Zeit mit ihr, dem Humor im Buch und natürlich mit Lutetias Familie 🙂

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Das Ende…nein, es geht noch weiter…