~ Note to my english speaking readers:
I only have the german version of the book in my hands, so there won’t be any english quotes. Infact the whole article will be only german this time.
Thank you for understanding. ~
Dieses Buch hat mich schon länger interessiert. Doch irgendetwas hat mich immer zurückgehalten und es kam nie zu einer näheren Lesebegegnung zwischen der Nachtigall und mir. Doch dann – wie der Zufall es so wollte – ist eine gute Freundin umgezogen und hat einigen Büchern ein neues Zuhause gegeben – und so landete „Die Nachtigall“ von Kristin Hannah bei mir.
Kristin Hannah ist eine Autorin, deren Bücher ich immer mal wieder gerne lese – wie auch eine andere Empfehlung, die ich vor einiger Zeit gepostet habe: „The Great Alone“.
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Zurück zur Nachtigall:
1995 in Oregon: Wir lernen eine Frau kennen, die in ihrem Leben schon viel erlebt hat, schwere Zeiten, unaussprechlich schreckliche Dinge, aber auch schöne Zeiten – und all diese Erlebnisse ihres langen Lebens haben sie auf unterschiedliche Art geprägt und gezeichnet. Sie hat Menschen verloren in ihrem Leben, die sie inniglich geliebt hat, die Freunde und Familie waren. Und sie weiß, dass auch sie nicht mehr viel Zeit in diesem Leben hat.
„Ich bin in den Monaten seit dem Tod meines Mannes und meiner Diagnose sehr gealtert. Meine Haut erinnert an knittriges Wachspapier, das jemand zum Wiedergebrauch glattstreichen wollte. Meine Augen lassen mich häufig im Stich – bei Dunkelheit, im Licht von Autoscheinwerfern oder wenn es regnet. […] Vielleicht schaue ich deshalb in die Vergangenheit zurück. Die Vergangenheit besitzt eine Klarheit, die ich in der Gegenwart nicht mehr erkennen kann.
Ich stelle mir gern vor, dass ich Frieden finde, wenn ich gestorben bin, dass ich all die Menschen wiedersehe, die ich geliebt und verloren habe. Dass mir zumindest vergeben wird.“ (Die Nachtigall, Seite 8)
Diese alte Dame, deren Identität wir zu Beginn des Romans noch nicht kennen, hat in ihrem Leben viele Geheimnisse bewahrt, die anderen Menschen das Leben gerettet haben – und ihr eigenes aufs Spiel setzten.
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Rückblick in den August 1939: Vianne Mauriac lebt mit Ehemann Antoine und Tochter Sophie in einem Haus in einem Dorf namens Carriveau. Das Leben scheint es – bis auf ein paar Ausnahmen – relativ gut mit ihnen zu meinen. Doch die Vorzeichen des zweiten Weltkrieges stehen auf Sturm und Antoine wird einberufen.
In weiteren Beschreibungen erfahren wir, wie sich Viannes Vater nach dem Krieg verändert hatte und wie es ihre Familie zerstört hat. Und nun sieht sie dem selbem Schicksal entgegen wie damals ihre Mutter, als sie einen liebevollen Ehemann und Vater in den Krieg ziehen lassen musste – und einen gebrochenen Mann zurückbekam.
Und nicht nur Vianne hat mit den Kriegsvorboten zu kämpfen – auch ihre jüngere Schwester Isabelle, die schon immer rebellisch und ungestüm war, hat in ihrem Leben zu kämpfen. Ihre Schwester konnte sich nicht um sie kümmern und so war sie schon immer auf sich allein gestellt.
„Ich habe sogar beide Elternteile verloren oder nicht? Der eine ist gestorben, der andere hat mir den Rücken gekehrt. Ich weiß nicht, worunter ich mehr gelitten habe.“
(Die Nachtigall, Seite 40)
Sie ist aus mehreren Schulen geflogen, ihr Vater will/ kann sich nicht um sie kümmern und will sie nach dem letzten Schulverweis zu ihrer Schwester schicken. Auf dem Weg dahin sieht sie die ersten düsteren Kriegszeichen: die ersten Flüchtlingsströme, die vor den herannahmenden deutschen Soldaten fliehen, Geräusche von Maschinengewehren und abgeworfenen Bomben. Und doch hat Isabelle von Beginn an den Willen und die Entschlossenheit zur Rebellion – wie ihr Vorbild aus dem ersten Weltkrieg, Edith Cavell.
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Im Verlauf des Romans erleben wir mit, wie sich Isabelle in die Arbeit beim französischen Widerstand stürzt – zunächst als Verteilerin von Plakaten, später als Nachrichtenüberbringerin und schließlich als Hauptverantwortliche für die Rückführung abgestürzter Alliierter nach Spanien. Unzählige Male führt sie die Soldaten über die Pyrenäen und mit jedem neuen Auftrag steigt das Risiko für sie, von den immer gewalttätigeren deutschen Soldaten entdeckt zu werden…
Währenddessen muss auch Vianne ums Überleben kämpfen. Und das nicht nur auf Grund der Lebensmittelknappheit und der stetig strengeren Auflagen der deutschen Besatzer. In ihrem Haus ist ein deutscher Hauptmann einquartiert und sie muss mit ansehen, wie Mitglieder des jüdischen Glaubens erst ihre Arbeit verlieren, dann den Judenstern tragen müssen und schließlich deportiert werden. Als schließlich Viannes beste Freundin Rachel abgeholt wird und ihr ihren Sohn übergibt, ist auch für Vianne die Zeit gekommen, dem System der deutschen Besatzer Widerstand zu leisten…
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„Die Nachtigall“ fesselt von Beginn bis Ende – und obwohl es ein 600-Seiten-Roman ist, der einen vielleicht auf den ersten Blick abschreckt, kann man ihn kaum aus den Händen legen.
Die letzten Seiten bringen einen zum Nachdenken, zum Weinen, zum Hoffen – und auch dazu, nicht vergessen zu wollen – selbst, wenn man zu den glücklichen Generationen gehört, die in (relativen) Friedenszeiten leben.
Man sollte sich an die erinnern, die Widerstand geleistet haben, die Menschenleben gerettet haben und die überlebt haben – Männer wie Frauen.
„‚Männer erzählen Geschichten‘, […] ‚Frauen machen mit dem Leben weiter. Für uns war es ein Schattenkrieg. Und nachdem er vorbei war, gab es keine Paraden für uns, keine Orden und keinen Platz in den Geschichtsbüchern. Im Krieg taten wir, was wir tun mussten, und nachdem er vorbei war, sammelten wir die Scherben ein und fingen noch einmal von vorne an.'“
(Die Nachtigall, Seite 599)
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Wer sich nicht sicher ist, ob „Die Nachtigall“ das Richtige zum Lesen ist – hier gibt es vom Aufbau-Verlag die Leseprobe.
Und wer von euch sich fragt, welche realen Personen dem Roman zu Grunde liegen – hier ist eine von ihnen: Andrée de Jongh.
Viel Spaß beim Lesen!
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